Die Geschichte unserer "Zeche"
Bilder aus der Geschichte des Bergwerkes Walsum
Beginn
Im Jahre 1904 wurde geplant, das Grubenfeld der Gewerkschaft des Steinkohlebergwerks Rhein durch mehrere Schachtanlagen aufzuschließen. Zu diesem Zweck wurde in Walsum in unmittelbarer Rheinnähe mit den Vorarbeiten zur Niederbringung einer Doppelschachtanlage begonnen.
Probleme beim Zukauf von Grundstücken für den Ausbau von Tagesanlagen und Siedlungen verzögerten zunächst den tatsächlichen Beginn der Abteufarbeiten bis 1914. Nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs wurden die Arbeiten eingestellt.
1921 gründete die Familie Thyssen-Bornemisza die Gewerkschaft Walsum, um eigenständig ein Steinkohlebergwerk niederzubringen.
Im Januar 1923 begannen französische Truppen die Ruhrbesetzung; auch der Niederrhein wurde besetzt. Ziel der Besatzung war es, die dortige Kohle- und Koksproduktion als „produktives Pfand“ zur Erfüllung der deutschen Reparationsverpflichtungen zu sichern. Viele Deutsche leisteten passiven Widerstand; es kam zu einem monatelangen Generalstreik. Dies unterbrach die Arbeiten an der Zeche erneut. Die Besetzung des Ruhrgebietes endete gemäß dem 1924 verabschiedeten Dawes-Plan im Juli/August 1925.
Nach Abklärung der Besitzverhältnisse an Grubenfeldern mit der Vereinigte Stahlwerke AG konnte 1927 mit dem Abteufen des Schachtes 1 begonnen werden. Dieser erreichte 1929 das Steinkohlegebirge. Ein Wassereinbruch führte aber dazu, dass die Arbeiten einstweilen unterbrochen werden mussten.
Nachdem 1930 Schacht 1 provisorisch fertiggestellt war, wurde neben ihm Schacht 2 angesetzt, der bis 1934 seine Endteufe erreichte.
1937 wurde über Schacht 1 ein Turmfördergerüst in patentierter Bauweise errichtet; nun konnte die Förderung auf breiterer Basis beginnen. Schacht 2 wurde einstweilen nur offen gehalten. Zugleich wurde der Bau der Tagesanlagen sowie des werkseigenen Rheinhafens begonnen. Das Deutsche Reich brauchte viel Kohle für seine Kriegsvorbereitungen (Aufrüstung der Wehrmacht) und sah für den geplanten Krieg einen Energiemangel voraus. Die Förderung erreichte 1943 bereits 1,5 Mio t jährlich. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges erlitt die Zeche Zerstörungen insbesondere durch Artilleriebeschuss herannahender alliierter Truppen. Der Betrieb musste 1945 vorübergehend eingestellt werden.
Nachkriegszeit
Nach erfolgten Wiederaufbauarbeiten wurde die Gewerkschaft Walsum in die Walsum Bergbau Aktiengesellschaft umgewandelt. Unter dieser Gesellschaft wurde der weiträumige Ausbau des Bergwerks fortgeführt. 1954 bis 1955 wurde Schacht 2 als Förderschacht ausgebaut. Er erhielt ein baugleiches Fördergerüst wie Schacht 1 und wurde mit Gefäßförderung ausgestattet.
Schacht 1 erhielt den Namen Franz Lenze, Schacht 2 den Namen Wilhelm Roelen, benannt nach langjährigen Bergwerksdirektoren der Zeche. Die Konzeption des Abbaus wurde nach dem Prinzip des Verbundbergwerks durchgeführt.
1968 ging die Walsum Bergbau Aktiengesellschaft aus dem Familienbesitz der Familie Thyssen-Bornemisza in die neu gegründete Ruhrkohle AG über. Die Grubenbaue wurden vollmechanisiert. 1976 erfolgte die Übernahme der Schachtanlage Wehofen 1/2 von der stillgelegten Zeche Friedrich Thyssen 2/5. Die Wehofen-Schächte dienten ausschließlich der Wasserhaltung.
Rationalisierungsmaßnahmen führten zu einer Erhöhung der Förderleistung auf annähernd 3 Mio t jährlich. Von 1981 bis 1986 wurde im Nordfeld der Schacht Voerde als neuer Seilfahrt- und Materialschacht niedergebracht.
Bedingt durch die Stilllegung des Bergwerks Rheinland 1993 wurde dem Bergwerk Walsum ein größerer Abbaubereich unter dem Rhein zugewiesen. Es wurden von Rheinland die Schächte Rheinpreußen 8, Rheinpreußen 9 und Rheinberg übernommen. Im Gegenzug wurden die Wehofen-Schächte abgeworfen. Nach erfolgtem Abbau der alten Kohlevorräte im Grubenfeld Rheinpreußen wurden die Schächte Rheinpreußen 9 im Jahre 2001 und Rheinpreußen 8 im Jahre 2004 verfüllt und abgeworfen.
Der Kampf gegen den Kohleabbau unter dem Rhein
Die Stadt Voerde hat 2002 gegen den Rahmenbetriebsplan des Bergwerks Walsum Klage erhoben,
„da vor allem durch den Abbau unter den Rheindeichen u.a. die Sicherheit der öffentlichen Infrastruktur gegenüber Hochwassergefahren massiv beeinträchtigt und der geplante Abbau unter dem Stadtzentrum wegen der zu erwartenden Bergschäden die Umsetzung der städtebaulichen Planung gefährdet, während der Rahmenbetriebsplan eine Bewältigung dieser Folgen nicht thematisiert, sondern lediglich auf die nachfolgenden Abbaupläne verweist.[1]“
Einige weitere Klagen folgten; die Stadt Voerde dokumentiert dies detailliert auf ihrer Homepage.
Auszüge:
„Trotz dieser und anderer Klagen haben die Bergbehörden den angegriffenen Rahmenbetriebsplan wegen "überwiegenden öffentlichen Interesses" in Kraft gesetzt (Anordnung des Sofortvollzugs). Daher wurden seitens der Stadt u.a. gegen den der Zulassung des Rahmenbetriebsplans folgenden Abbau des Flözes L/K 82 sowie gegen den Sonderbetriebsplan "Abbau unter dem Rhein" Eilanträge gestellt, um die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.“
„Die Anträge wurden vom Verwaltungsgericht Düsseldorf zurückgewiesen; Beschwerden beim OVG für das Land Nordrhein Westfalen blieben erfolglos.“
„Allerdings hat das OVG in seinen Beschlüssen deutlich gemacht, dass die Sonderbetriebspläne "Abbau unter dem Rhein" und die Abbaubetriebspläne die Rechte der Stadt berühren und diese daher im Zulassungsverfahren zu beteiligen ist. Dies hat zur Einführung des Sonderbetriebsplanverfahrens "Einwirkungen auf kommunale Einrichtungen" geführt. Dagegen ist bislang keine Beteiligung der Stadt an dem Sonderbetriebsplan für den Abbau unter dem Rhein erfolgt.“
„Bezüglich des angegriffenen Rahmenbetriebsplanes hat das OVG für das Land Nordrhein-Westfalen im Eilverfahren entschieden, dass notwendige Prüfungen auf der Ebene der Sonderbetriebspläne erfolgen könnten, die dann jeweils im Einzelfall angegriffen werden müssten. Dabei hatten sich bereits zuvor der Sonderbetriebsplan für den Abbau unter dem Rhein für das Jahr 2002 und auch der Hauptbetriebsplan im Gerichtsverfahren durch Zeitablauf erledigt. [...]“
„Nachdem das Verwaltungsgericht Düsseldorf Anfang 2004 die Klage der Stadt gegen den Rahmenbetriebsplan in der Hauptsache zurückgewiesen hatte, hat [.. Voerde] Berufung eingelegt. Darüber hat das OVG für das Land Nordrhein Westfalen im Herbst 2005 entschieden. Zwar wurde in diesem Urteil der Berufung nicht stattgegeben; allerdings hat das OVG auf einige grundlegende Rechtsfragen hingewiesen und dementsprechend die Revision beim Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Die Stadt hat die Revision [..] eingelegt und begründet.[1]“
Ab 2005
Bei der Landtagswahl am 22. Mai 2005 verlor die bis dahin amtierende rot-grüne Regierung unter NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) gegen Jürgen Rüttgers (CDU). Rüttgers bildete eine schwarz-gelbe Koalition; das Kabinett Rüttgers amtierte bis 2010.
Am 30. August 2005 wurde durch die Landesregierung die Stilllegung des Bergwerks Walsum für Mitte 2008 avisiert, auch wegen des umstrittenen Abbaus der Kohlevorräte unter dem Rhein.
Am 27. Juni 2008 wurde die Förderung endgültig eingestellt.
Die jährliche Förderung des Bergwerks Walsum (ca. 3.000 Mitarbeiter) betrug ca. 2,5 Mio t Kohle pro Jahr. Insgesamt wurden auf der letzten Zeche Duisburgs in fast 69 Jahren ungefähr 159 Mio. Tonnen Steinkohle gefördert (was einem Zug von ca. 33.000 km Länge entspricht).
Nachwirkungen, Ewigkeitskosten
Durch den Abbau wurde eine große Fläche 10 bis 20 Höhenmeter "tiefer gelegt". Sollte jemals ein Rheindeich am linken Rheinufer brechen, würde dieses Gebiet tief unter Wasser gesetzt.
Auch nach Stilllegung des Bergwerks muss weiter Grubenwasser gefördert werden Dies betreibt an vielen ehemaligen linksrheinischen Abbauorten die LINEG.
Sonstiges
Das benachbarte Kraftwerk Walsum wird - mit Importkohle - weiter betrieben; seit 2007 ist es um einen neuen Kraftwerksblock erweitert.
Das 1938/39 gebaute Fördergerüst des Schachtes 1 (Franz Lenze), die Fördermaschinenhäuser und das Lüftergebäude von 1943 wurden im Mai 2008 in die Denkmalliste eingetragen.[4]
Im Oktober 2011 beantragte die Eigentümerin Ruhrkohle AG bei der Stadt Duisburg, diese Gebäude aus wirtschaftlichen Gründen abreißen zu dürfen.
Am 3. Mai 2013 wurde das Fördergerüst gesprengt; dies war der Abschluss der Abbrucharbeiten auf dem Schachtgelände Voerde. Das Grundstück soll in eine landwirtschaftliche Nutzung zurückgeführt werden.